BITTER THINGS
17. Mai 2021
ÜBER ARBEITSMIGRATION UND IHRE AUSWIRKUNGEN AUF FAMILIEN
Das weltweite Phänomen der Arbeitsmigration betrifft auch in Rumänien eine Vielzahl von Personen, die mit der Hoffnung auf bessere Gehälter ins Ausland gehen, oft nach Westeuropa. Für die meisten dieser Menschen bedeutet dies ein Leben im ständigen Spannungsverhältnis zwischen höheren Löhnen auf der einen Seite und hohen persönlichen Opfern und Familien, die sich auf mehrere Länder verteilen, auf der anderen Seite.
Besonders Kinder leiden häufig unter den transnationalen Familienmodellen, die sich im Zuge der Arbeitsmigration bilden – oft bleiben sie mit nur einem Elternteil oder bei ihren Großeltern zurück. Geschenke und Geldtransfers treten dann an die Stelle gemeinsam verbrachter Zeit und viele Kinder berichten später von Traumata, Bindungsproblemen und dem Gefühl, nichts wert zu sein. Andererseits wissen aber auch viele von ihnen die Opfer, die ihre Eltern bringen, zu schätzen und freuen sich über bessere Bildungschancen.
Die Ausstellung „Bitter Things. Narrative und Erinnerungen transnationaler Familien" widmet sich diesem Thema, das in der Forschung und Gesellschaft bisher wenig diskutiert wird. Entstanden ist sie aus einem umfangreichen Recherche-Projekt, bei dem zahlreiche Mütter und Kinder in Deutschland, der Türkei, Rumänien und Griechenland interviewt wurden. Ergänzt werden diese Narrationen durch Objekte, die eine besondere Bedeutung für die jeweilige Familie haben und die materialistische Dimension transnationaler Familien darstellen, in denen Besitz oft zum Ersatz von Nähe wird.
Im Fokus stehen dabei zwei Zeitepochen: die Gastarbeiterwellen der 1960er und 70er Jahre sowie die heutige Zeit, die durch Arbeitsmigration innerhalb der Europäischen Union geprägt ist. Die starke Nachfrage nach Pflegekräften führte in den letzten Jahren dazu, dass besonders viele Frauen und damit auch Mütter zu Arbeitsmigrantinnen wurden und ihre Kinder in ihrem Heimatland zurückließen, wo diese wiederum von Verwandten großgezogen werden (ein Phänomen, das als „Global Care Chain" bezeichnet wird). Ziel der Ausstellung ist es, den öffentlichen Diskurs anzuregen und das Thema angemessen aufzuarbeiten.
„Bitter Things" wurde von Malve Lippmann und Can Sungu entwickelt, den Gründern des Berliner Kulturprojekts bi'bak (türkisch für „schau mal"), das Projekte an der Schnittstelle von Kunst, Wissenschaft und Gemeinschaft umsetzt. Das Themenspektrum von bi'bak reicht von transnationalen Narrativen über Migration zu globaler Mobilität, immer auch betrachtet aus einer Perspektive, die das Ästhetische mit einbezieht.
Das Deutsche Kulturzentrum Klausenburg präsentiert „Bitter Things" im Ethnografischen Museum Transsilvaniens vom 6. Mai bis zum 5. Juni 2021. Weitere Informationen zu der Ausstellung können hier eingesehen werden: tinyurl.com/bitter-things-de